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Die Kunst der Denkfehler: Kognitive Verzerrungen

Foto.Quality in Art by TheSch - Kognitive Verzerrung

Kognitive Verzerrungen sind systematische Denkfehler, die das Urteil und die Entscheidungsfindung eines Individuums beeinflussen. Sie treten auf, wenn Menschen Informationen verzerrt wahrnehmen oder bewerten, was zu fehlerhaften Schlussfolgerungen oder falschen Überzeugungen führen kann.

Was sind kognitive Verzerrungen?

Kognitive Verzerrungen sind Abweichungen von rationalem oder logischem Denken, die durch die Art und Weise entstehen, wie das menschliche Gehirn Informationen verarbeitet. Sie können in verschiedenen Formen auftreten, darunter:

  • Über- oder Unterbewertung von Informationen: Menschen neigen dazu, bestimmte Informationen überzubewerten oder andere zu ignorieren.
  • Bestätigungsfehler (Confirmation Bias): Die Tendenz, Informationen zu suchen, die die eigenen Überzeugungen bestätigen, während gegensätzliche Informationen ignoriert werden.
  • Anker-Effekt: Der erste Informationspunkt, der präsentiert wird, beeinflusst die darauf folgenden Entscheidungen oder Schätzungen.
  • Dunning-Kruger-Effekt: Menschen mit geringem Wissen in einem Bereich neigen dazu, ihre Fähigkeiten zu überschätzen, während kompetente Personen ihre Fähigkeiten unterschätzen.

Wie entstehen kognitive Verzerrungen?

Kognitive Verzerrungen entstehen aus verschiedenen Quellen:

  1. Mentale Abkürzungen (Heuristiken): Das Gehirn verwendet häufig vereinfachte Regeln oder Faustregeln, um Entscheidungen schnell zu treffen, ohne alle verfügbaren Informationen zu analysieren. Diese Heuristiken können jedoch zu Verzerrungen führen.
  2. Emotionale Einflüsse: Emotionen spielen eine große Rolle bei der Entscheidungsfindung. Stress, Angst oder Freude können die Wahrnehmung und die Urteilsfähigkeit beeinflussen.
  3. Soziale Einflüsse: Gruppendruck, Normen und die Wahrnehmung von Autoritäten können die Art und Weise, wie Informationen interpretiert werden, prägen.
  4. Erfahrungen und Vorurteile: Individuelle Erfahrungen, Erziehung und kulturelle Einflüsse tragen dazu bei, wie Menschen die Welt sehen und interpretieren.

Warum entstehen kognitive Verzerrungen?

Kognitive Verzerrungen entstehen, weil:

  1. Informationsüberlastung: Menschen sind oft mit einer Vielzahl von Informationen konfrontiert und können nicht alles verarbeiten, was zu Vereinfachungen und Verzerrungen führt.
  2. Wunsch nach Konsistenz: Menschen neigen dazu, ihre Überzeugungen und Ansichten aufrechtzuerhalten, um kognitive Dissonanz zu vermeiden, was zu einer Verzerrung der Wahrnehmung führt.
  3. Selbstschutz: Kognitive Verzerrungen können auch als Mechanismus dienen, um sich selbst vor unangenehmen Wahrheiten oder Bedrohungen zu schützen.
  4. Evolutionäre Gründe: Einige Forschungen deuten darauf hin, dass bestimmte kognitive Verzerrungen evolutionär vorteilhaft sein könnten, da sie helfen können, schnelle Entscheidungen in unsicheren Umgebungen zu treffen.

Beispiele für kognitive Verzerrungen:

  1. Bestätigungsfehler (Confirmation Bias):
    • Menschen neigen dazu, Informationen zu suchen, zu interpretieren und sich an sie zu erinnern, die ihre bestehenden Überzeugungen bestätigen, während sie widersprüchliche Informationen ignorieren oder abwerten.
  2. Anker-Effekt:
    • Bei der Entscheidungsfindung wird die erste Information (der “Anker”) überbewertet. Zum Beispiel kann der ursprüngliche Preis eines Produkts die Wahrnehmung des Rabatts beeinflussen.
  3. Dunning-Kruger-Effekt:
    • Menschen mit geringem Wissen oder Fähigkeit in einem Bereich überschätzen oft ihre eigenen Kompetenzen, während kompetente Personen dazu neigen, ihre Fähigkeiten zu unterschätzen.
  4. Verfügbarkeitsheuristik (Availability Heuristic):
    • Die Tendenz, die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen basierend darauf zu beurteilen, wie leicht Beispiele dafür ins Gedächtnis kommen. Zum Beispiel kann jemand die Gefährlichkeit von Flugreisen überschätzen, wenn er kürzlich von einem Flugzeugunglück gehört hat.
  5. Selbstwertdienliche Verzerrung (Self-Serving Bias):
    • Menschen neigen dazu, Erfolge sich selbst zuzuschreiben (z.B. durch Fähigkeiten und Anstrengungen) und Misserfolge externen Faktoren (z.B. Pech oder ungünstige Umstände) zuzuschreiben.
  6. Optimismus-Bias:
    • Die Tendenz, die Wahrscheinlichkeit positiver Ereignisse für sich selbst als höher und die Wahrscheinlichkeit negativer Ereignisse als niedriger einzuschätzen als bei anderen.
  7. Sunk Cost Fallacy:
    • Der Fehler, an einer Entscheidung festzuhalten, weil bereits Ressourcen (Zeit, Geld, Mühe) investiert wurden, selbst wenn die Entscheidung nicht mehr sinnvoll ist.
  8. Gruppendenken (Groupthink):
    • In Gruppen tendieren Mitglieder dazu, eine Einigkeit zu fördern und abweichende Meinungen zu unterdrücken, um Konflikte zu vermeiden, was zu suboptimalen Entscheidungen führen kann.
  9. Fond- oder Situationsbasierte Verzerrung (Situation Bias):
    • Die Tendenz, äußere Umstände oder die aktuelle Situation über eigene Fähigkeiten oder Eigenschaften zu überschätzen. Zum Beispiel könnte jemand, der in einem schlechten Mood ist, dazu neigen, seine eigene Leistung im Beruf als schlechter zu bewerten als sie tatsächlich ist.
  10. Halo-Effekt:
  • Die Tendenz, von einer positiven (oder negativen) Eigenschaft einer Person auf weitere Eigenschaften zu schließen. Zum Beispiel wird jemand, der als attraktiv angesehen wird, oft auch als intelligent oder freundlich wahrgenommen, auch wenn es dafür keine Beweise gibt.

Diese kognitiven Verzerrungen können unser Denken und unsere Entscheidungen in vielerlei Hinsicht beeinflussen, oft ohne dass wir es merken. Ein Bewusstsein für diese Verzerrungen kann helfen, sicherere und informiertere Entscheidungen zu treffen.

Quellenangabe:

  1. Kahneman, D. (2011). Thinking, Fast and Slow. Farrar, Straus and Giroux.
  2. Tversky, A., & Kahneman, D. (1974). “Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases.” Science, 185(4157), 1124–1131.
  3. Nickerson, R. S. (1998). “Confirmation Bias: A Ubiquitous Phenomenon in Many Guises.” Review of General Psychology, 2(2), 175-220.
  4. Stanovich, K. E., & West, R. F. (2008). “On the Reliability of Empirical Measures of Thinking Dispositions.” Psychological Bulletin, 134(4), 629-650.
  5. Fiske, S. T., & Taylor, S. E. (1991). Social Cognition. McGraw-Hill.
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